Strahlende Sieger: Ivana Veznikova, Antina Zlatkova und Thomas Lindermayer entschieden mit ihrer Sendung über Gebärdensprache auf Okto TV die Kategorie Talk für sich Strahlende Sieger: Ivana Veznikova, Antina Zlatkova und Thomas Lindermayer entschieden mit ihrer Sendung über Gebärdensprache auf Okto TV die Kategorie Talk für sich Screenshots
18 Sep
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Leider kein voller Sieg fürs Ehepaar Dittlbacher

Lou Lorenz-D. erhielt beim Fernsehpreis der Erwachsenenbildung den Axel-Corti-Preis. Ihr Ehemann Fritz D. hätte für seine Mauthausen-Doku auch eine Auszeichnung verdient, scheiterte aber an der übermächtigen Konkurrenz des Wortshop-Experiments „Sind wir alle Rassisten?“

Corona beeinträchtigte die Zeremonie schon ein bisschen: Maskenpflicht im gesamten ORF-Funkhaus, erst recht bei der Preisverleihung im Radiokulturhaus und deshalb auch kein Socialising bei Drinks, geschweige denn einem Buffet. Nur die Preisträger und ihre Laudatoren sowie Eröffnungsredner und Gewerkschaftsbundpräsident Wolfgang Katzian und Gerhard Bisovsky, der Leiter des Büros Medienpreise, der durch die Veranstaltung am späten Freitagnachmittag führte, durften den MNS für die Dauer ihrer Sprecheinsätze abnehmen.
Dennoch barg die Verleihung des 53. Fernsehpreises einige Höhepunkte. Einer ergab sich schon bei der ersten Kategorie, die zur Preisverleihung kam, nämlich den Talk-Formaten. Während in allen anderen Kategorien durchwegs ORF-Programme das Rennen machten, hatte hier der Außenseiter Okto TV die Nase vorn: Wie in „Perspektivenwechsel“ die Gebärdensprache demonstriert und erörtert wurde, überzeugte die 17köpfige Jury, der auch BranchenBlatt angehörte, nachhaltig. Das Siegerteam, Antina Zlatkova, Thomas Lindermayer und die selbst behinderte Moderatorin Ivana Veznikova brachte mit seinem Strahlen Licht ins Dunkel des ein bisschen sehr gedämpft beleuchteten Saals. In ihrer klugen und berührenden Dankesrede forderte Veznikova, Behinderte nicht als arme Hascherl zu sehen, sondern als tatkräftige Menschen, die leben und lieben wie alle anderen. Einen Perspektivenwechsel also.
Nicht zuletzt als Tabubrecher setzte sich der Tiroler  in der Regie von Mirjam Unger nach einem Buch von Eva Testor in der Produktion Gabriele Kranzelbinders und Barbara Pichlers unter der redaktionellen Leitung Klaus Lindschingers in der Kategorie Fiktion durch, geht es darin doch um sexuellen Missbrauch in der Familie.
Irina Oberguggenberger behielt mit „Fanny Friday“ bei den Sendereihen die Oberhand: Kurzweilige, aber nicht seichte Wissensvermittlung und, wie es in der Laudatio treffend hieß, „Fernsehen für eine Generation, die Fernsehen angeblich nicht mehr erreicht.“

3K vRAJRWährend die meisten Jury-Entscheidungen ziemlich knapp waren, fiel das Votum bei den Dokumentationen eindeutig aus: Zu eindringlich war Lisa Gadenstätters Workshop-Experiment „Sind wir alle Rassisten?“, bei dem Braun- und Blauäugige Menschen willkürlich in gut (braun) und böse (blau) eingeteilt und letztere durch einen geschulten Workshopleiter, wie man so sagt, zur Sau gemacht wurden - um Menschen vorzuführen, wie schnell sie Vorurteile annehmen und diskriminierende Aussagen und Handlungen tätigen. Die Teilnehmer, die viel auszuhalten hatten - das galt nicht nur für die, die der Kursmodus zu Opfern bestimmt hatte, sondern auch für die privilegierte Seite, die da ziemlich häßlich demaskiert wurde - hätten sich später allesamt bei ihr bedankt, dass sie bei diesem Experiment mitmachen durften, erzählte die bereits vielfach preisgekrönte Sendungsgestalterin Gadenstätter in ihrer Dankesrede. Die Eindrücklichkeit von „Sind wir alle Rassisten?“ verdeckte oder überschattete ein wenig den Blick auf weitere Dokumentationen, die ebenfalls Beachtung verdient hätten. Etwa Fritz Dittlbachers Film „Wieder ein Mensch sein und nicht nur E gT1lvXEA0Q8BZeine Nummer“, der in eigentümlich kühlem Ton die Geschichte des  mit der seiner Großmutter, die ebendort lebte, verschränkt. Da sich Dittlbacher in der Kategorie Dokumentation nun eben mit dem 2. Platz begnügen musste, wurde es auch nix mit Preisen für das ganze Ehepaar Dittlbacher - jubeln durfte nur die bessere Hälfte. Da Lou Lorenz-Dittlbacher schon seit Mai wusste, dass ihr den Axel Corti-Preis zuerkannt wurde, geschah dies auf relativ gefasst Weise. Wie auch immer - diese Auszeichnung passt für sie besonders, wie Lorenz Dittlbacher in ihrer Rede erzählte. Denn wenn sonntags im Radio Cortis Sendung „Der Schalldämpfer“ im Radio lief, was das die einzige Gelegenheit, bei der die kleine Marielouise, wie die ZiB 2-Moderatorin vornämlich eigentlich heißt, den Mund hielt. Halten musste. Dass sie grundsätzlich wenig Zurückhaltung kennt, ihre Meinung zu sagen, manifestierte sich einmal mehr in ihrer Rede im RKH. Auch, warum sie allerorts als ein Anschauungsbeispiel für journalistisches Rückgrat geschätzt wird. Applaus brandete auf, als sie sagte: „Wir dürfen uns nicht von Message Control leiten lassen. Egal von welcher Partei und Interessen diese kommt.“

 



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