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Zum Feiern gingen sie in den Keller Schedl, Jaschke
29 Jan
geschrieben von 

Zum Feiern gingen sie in den Keller

In den Gewölben des Sektherstellers Schlumberger ehrte Der Österreichische Journalist die Journalisten des Jahres 2019.

Die Location hat zweifelsohne etwas für sich. Über mehrere Kilometer erstreckt sich das 300 Jahre alte Labyrinth der Schlumberger Kellerwelten: Ein ungemein imposantes Gewölbe mit vielen Gängen, die, weil man dazumal noch recht biblisch unterwegs war, allesamt nach Aposteln benannt sind. Der Journalist des Jahres kann aber fraglos auch was - immerhin ist die Veranstaltung des Oberauer Verlags der mit Abstand wichtigste Journalismus-Preis dieses Landes. Gestern abend kamen sie beide zusammen. Das ergab zum einen natürlich ein recht eindrucksvolles Setting. Zum anderen wurden viele Gäste mit den (im ursprünglichen Sinn) chilligen Temperaturen, wie sie die Lagerung von Schaumwein nun einmal erfordert, buchstäblich kalt erwischt.

Ibiza als Thema und Preistreiber

Dafür wurde die Feier - stellt man ihren Netto-Umfang allein durch die vielen Preiskategorien in Rechnung - recht straff und unterhaltsam abgezogen. Das lag nicht zuletzt an Moderator Michael Lang, der eine virtuose Satire auf die sattsam bekannten Vorgänge auf Ibiza zum Besten gab und selbst Sponsoren unbefangen herausforderte. Als ihm Michael Blass, der Geschäftsführer der Agrarmarkt Austria Marketing GesmbH (AMA) auf eine Frage nicht antwortete, sagte er, „Ich kann Sie auch von Armin Wolf befragen lassen - der ist hier. Aber ich versichere Ihnen, es wird dann nicht angenehmer.“ (Das wollte sich Blass dann doch nicht antun - Wolf kam zwar im Laufe des Abends noch zu Wort, aber sein „Opfer“ war, als Subjekt seiner Laudatio, Gerold Riedmann, Geschäftsführer der Russmedia, Chefredakteur der Vorarlberger Nachrichten und nunmehr Träger des Titels „Medienmanager des Jahres“.)

Lang, bis vor gut einem Jahr Chefredakteur der APA, verbucht in seiner Vita kabarettistische Jugendsünden. Und in absehbarer Zukunft wird er, wie er BranchenBlatt verriet, seiner einstigen Passion wieder frönen. Möglicherweise in Kooperation mit Guido Tartarotti, einem weiteren Journalisten, der sich dem Kabarett zugewandt hat. Und an diesem Abend übrigens als bester Kolumnist ausgezeichnet wurde.

Ibiza wiederum lieferte nicht nur humoristischen Stoff für Michael Lang, sondern spiegelte sich nolens volens auch in den Preis-Entscheidungen. Auf mindestens drei Kategorien nahm die Villa mit den damaligen FPÖ-Granden Heinz-Christian-Strache und Johann Gudenus, einer vermeintlichen russischen Oligarchin und vielen Kameras als Inventar unmittelbar Einfluss: Der Sonderpreis für Investigation ging an jene Teams der Süddeutschen Zeitung und des Spiegels, die das berühmt-berüchtigte Video geprüft und auf ihren Online-Portalen veröffentlich hatten. Mit der Berichterstattung über den Skandal konnte der ORF, der unter der türkisblauen Koalition nicht mehr lange unbeeinträchtigt geblieben wäre, seine Qualität und seinen Stellenwert nachdrücklich klarmachen. Das schlug sich zum einen in viel öffentlicher Zustimmung und hohen Seherzahlen nieder, zum anderen im Journalist-Ranking, indem er den Titel „Redaktion des Jahres" holte und sein Shooting Star Tobias Pölzelsberger zum Journalisten des Jahres 2019 gewählt wurde.

Für das Lebenswerk wurde Peter Michael Lingens geehrt. Allein dass er den Preis selbst entgegennehmen konnte, war ein gutes Zeichen. Denn kürzlich erst musste sich der 80jährige einer Herzoperation unterziehen. Vor diesem Eingriff hat sich BranchenBlatt noch ausgiebig mit ihm unterhalten - mehr darüber demnächst in einer Print-Ausgabe und auf diesem Portal.

 

Der Abend in Sprüchen

„Ich hoffe für die Österreicherinnen und Österreicher, dass sie in den nächsten 10 Jahren ihr mangelndes Interesse für Wirtschaft nicht bereuen.“
Peter Michael Lingens in seiner Dankesrede

„Danke an die Jury, die auf die Idee gekommen ist, einem Nicht-Journalisten einen Journalisten-Preis zu verleihen“.
Peter Filzmaier, Sonderpreis Analyse

„Jemand, der 14 Gitarren zu Hause hat, muss ein guter Mensch sein.“
Filzmaier in seiner Eigenschaft als Laudator des Journalisten des Jahres, Tobias Pötzelsberger

„Es wird ihm ja vieles nachgesagt. Er steht hinter dem Ibiza Video, denn dass ist der Grund, dass wir ihn heute ehren.“
Derselbe

„Ich möchte mich bedanken bei meinen Freunden und meiner Familie, die ich manchmal vernachlässigt habe - wie man sieht, hat sich´s ausgezahlt.“
Tobias Pötzelsberger in seiner Dankesrede

„In meiner Branche als Sau bezeichnet zu werden ist selbst bei einer Veranstaltung, die von der AMA gesponsert wird, nicht schön“.
Moderator Michael Lang schießt schon wieder einen Giftpfeil auf die AMA ab

„Gerold Riedmann hatte in Vorarlberg die Wahl zwischen dem ORF und dem Russ-Imperium. Zum Glück für Alexander Wrabetz ist er zu Russ gegangen. Andernfalls wäre er heute Generaldirektor des ORF.“
Armin Wolf - in Anwesenheit des genannten ORF-GIs Alexander Wrabetz - in seiner Laudatio auf den Medienmanager des Jahres, Gerold Riedmann.

„90 Prozent aller Vorarlberger haben täglich mit einem Russ-Produkt Kontakt. Vorarlberg ist sowas wie das Nordkorea Österreichs.“
Derselbe

„Letztes Jahr wurde ich Zweiter hinter Hanno Settele, diesmal Zweiter hinter Peter Klien. Nächstes Jahr möchte ich Zweiter hinter Christian Nusser werden.“
Dieter Chmelar, 2. in der Kategorie Unterhaltung, in Anspielung auf Nussers tatsächlich hervorragenden Blog „Kopf-Nüsse“.

„Ich verneige mich vor allen Kollegen, die hier ausgezeichnet wurden. Ich verneige mich aber auch vor allen Kollegen, die hier nicht ausgezeichnet werden und oft unter schwierigsten Bedingen hervorragende Arbeit leisten.“
Ulla Kramar-Schmid, ORF, Siegerin Investigation

ORF-Journalisten enthalten sich jeglicher Einflussnahme. Nur bei Cornelia Primosch bin ich mir nicht ganz sicher: Zuerst treibt sie die Briten in den Brexit, und kaum ist sie in Frankreich, gibt es dort Streiks und Aufruhr.“
ORF-General Alexander Wrabetz in seiner Laudatio auf die eigene Belegschaft, mit leisen Bedenken zu seiner früheren UK- und jetzigen Frankreich-Korrespondentin Cornelia Primosch, Siegerin in der Kategorie Außenpolitik

„Ich danke unserem mit Abstand bestem Abo-Verkäufer Herbert Kickl."

Florian Klenk, Falter, 2. in der Kategorie Chefredakteure, in seineer Dankesrede

 

Preisträger

 

Journalist des Jahres

Tobias Pötzelsberger, ORF

 

Sonderpreis Lebenswerk

Peter Michael Lingens

 

Sonderpreis Analyse

Peter Filzmeier

 

Sonderpreis Medienmanager des Jahres

Gerold Riedmann, Russmedia, Vorarlberger Nachrichten

 

Sonderpreis Redaktion

ORF

 

Sonderpreis Investigation

Leila Al-Serori,
Frederik Obermaier
Bastian Obermayer
Oliver Das Gupta (Süddeutsche Zeitung)
Peter Münch (Süddeutsche Zeitung)
Maik Baumgärtner, Der Spiegel
Vera Deleja-Hotko, Der Spiegel
Martin Knobbe, Der Spiegel
Walter Mayr, Der Spiegel
Alexandra Rojkov, Der Spiegel
Wolf Wiedmann-Schmidt, Der Spiegel

 

Aufgefallen

Anna Goldenberg, Die Presse, Falter

 

Lokal

Vorarlberg: Mike Prock, Vorarlberger Nachrichten
Tirol: Anita Heubacher, Tiroler Tageszeitung
Salzburg: Claus Pándi, Kronen Zeitung
OÖ: Barbara Eidenberger, Oberösterreichische Nachrichten
NÖ: Andrea Stoiser, NÖN
Steiermark: Claudia Gigler, Ernst Sittinger, Kleine Zeitung
Kärnten: Wolfgang Fercher, Kleine Zeitung
Burgenland: Elisabeth Pauer, ORF

 

Kolumnisten

1. Guido Tartarotti, Kurier
2. Hans Rauscher, Der Standard
3. Anneliese Rohrer, Die Presse

 

Sport

1. Alina Zellhofer, ORF
2. Rainer Pariasek, ORF
3. Fritz Neumann, Der Standard

 

Außenpolitik

1. Cornelia Primosch, ORF
2. Karim El-Gawhary, ORF
3. Martin Staudinger, profil

 

Innenpolitik

1. Andreas Koller, Salzburger Nachrichten
2. Eva Linsinger, profil,
3. Armin Wolf, ORF

 

Fotografie

1. Matthias Cremer, Der Standard
2. Heribert Corn, Der Standard
3. Jürg Christandl, Kurier

 

Medien

1. Harald Fidler, Der Standard
2. Stefan Kappacher, ORF
3. Anna-Maria Wallner, Die Presse

 

Wissenschaft

1. Marcus Wadsak, ORF
2. Barbara Daser, ORF
3. Martin Kugler, Die Presse, Universum Magazin (kürzlich eingestellt, Anm)

 

Chronik

1. Lisa Gadenstätter, ORF
2. Bernd Koschuh, ORF
3. Rosemarie Schwaiger, profil

 

Kultur

1. Stefan Grissemann, profil
2. Clarissa Stadler, ORF
3. Ute Maria Baumhackl, Kleine Zeitung

 

Unterhaltung

1. Peter Klien, ORF
2. Dieter Chmelar
3. Stefanie Sargnagel, Falter, Wienerin

 

Investigation

1. Ulla Kramar-Schmid, ORF
2. Julia Herrnböck, Dossier
3. Rainer Fleckl, Addendum

 

Chefredaktion

1. Johannes Bruckenberger, APA
2. Florian Klenk, Falter
3. Martin Kotynek, Der Standard
 
 
Wirtschaft
 
1. Michael Nikbakhsh, profil
2. Dieter Bornemann, ORF
3. Renate Graber, Der Standard