Jeff Jarvis hielt die Keynote beim scoopcamp Jeff Jarvis hielt die Keynote beim scoopcamp dpa Deutsche Presse Agentur
25 Sep
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Jeff Jarvis: Mehr Austausch

Das zwölfte scoopcamp fand erstmals in hybrider Form im Hamburger Designzentrum designxport statt und rückte aktuelle Trends und Themen an der Schnittstelle zwischen Redaktion, Programmierung und Produktentwicklung in den Fokus.

In einer Laudatio auf den diesjährigen scoop Award-Preisträger Jeff Jarvis (City University of New York) hob Hamburgs Senator für Kultur und Medien Carsten Brosda die Bedeutung der Innovationskonferenz für Medien hervor und lobte den New Yorker Medienexperten und Journalismus-Professor für seine Verdienste um die digitale Zukunft des Journalismus. Jarvis habe Brücken zwischen Medienhäusern und Digital-Plattformen gebaut. Dass beide Seiten mehr Verständnis füreinander entwickelt haben, sei ganz wesentlich sein Verdienst.
Im Anschluss ergriff der Professor schließlich selbst das Wort und zeigte in seiner Keynote auf, wie sich der Journalismus aufstellen sollte, um zukünftige Herausforderungen zu meistern. Dabei betonte er, dass digitale Plattformen nicht als Verursacher für rückläufige Einnahmen und Auflagen der Medien kritisiert werden dürften. Google, Twitter und Facebook seien schließlich nicht dafür erfunden worden, um über Nachrichten zu informieren. Es sei vielmehr der Mangel an vergleichbaren Angeboten gewesen, der Nutzer dazu gebracht hätte, Inhalte auf digitalen Plattformen zu teilen und zu diskutieren. Klassische Medien sollten sich daher ein Beispiel an ihnen nehmen und selbst mehr digitale Angebot schaffen, die informieren und Austausch ermöglichen. Nur so könne mehr gegenseitiges Verständnis hergestellt und der öffentliche Diskurs verbessert werden, so der Journalismus-Professor, der für seinen Vortrag live aus New York zugeschaltet war. Jetzt sei der Moment, Medien radikal zu hinterfragen und einen neuen Journalismus aufzubauen, der nicht nur spricht, sondern auch zuhört.
Wenn es nach Chris Waiting, Geschäftsführer von The Conversation UK, geht, sollten Journalisten dabei vor allem Wissenschaftlern mehr Gehör verleihen. Mit seinem Verlag setzt sich der zweite Keynote-Speaker dafür ein, dass Wissen, das in Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen oftmals verborgen bleibt, für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht und interessant aufbereitet wird. The Conversation UK baue hierbei auf Kooperationen mit Universitäten und Medienpartnern. Kollaborationen seien allgemein ein entscheidender Hebel, um Wissen zu demokratisieren und den öffentlichen Diskurs zu verbessern, so Waiting. Dieses Ziel sollte die gesamte News-Branche als übergeordneten Auftrag begreifen.
Einblicke in ihre Nachrichtenorganisationen gewährten danach Christina Elmer (Der Spiegel), Juliane Leopold (ARD-aktuell) und Julia Lumma (Verlagsgruppe Rhein Main, VRM), die gemeinsam im Gespräch mit Moderator Meinolf Ellers (Deutsche Presse-Agentur) den Wandel der Newsrooms thematisierten. So seien Prozesse, die hinter der Entwicklung und Implementierung neuer Technologien stecken, oftmals sehr langwierig, so Elmer. Es sei daher umso wichtiger, dass Medien Wege finden, mit denen sie flexibel bleiben und immer wieder an neue Systeme andocken können. Ähnlich sah es Lumma, die Neugier und Mut der Mitarbeiter als wesentliche Digitalisierungsfaktoren ausmacht: „Es braucht Leute, die Lust haben, etwas Neues auszuprobieren. Dann überträgt sich dieser Gedanke nach dem Schneeballsystem in alle Redaktionen.“ Leopold appellierte zudem an ihre Kolleginnen und Kollegen: „Der Markt wartet nicht auf uns. Wir müssen dahin gehen, wo die Menschen sind.“ Mittelfristig helfe nur eine Kombination aus starken eigenen Kanälen und einer starken Distribution.